
Was ist Feline Infektiöse Peritonitis (FIP)?
Feline infektiöse Peritonitis (FIP) ist eine tödliche, systemische Entzündungskrankheit, die durch das feline Coronavirus (Feline Coronavirus, FCoV) verursacht wird. FCoV ist ein weit verbreitetes Virus in Katzenpopulationen, insbesondere in Haushalten mit mehreren Katzen, Tierheimen oder Zuchtbetrieben. In den meisten Fällen verursacht es nur leichte gastrointestinale Symptome wie Durchfall oder Unwohlsein. Bei etwa 5–10 % der infizierten Katzen mutiert das Virus jedoch zu einer pathogenen Form – dem FIP-Virus (FIPV). Dieses mutierte Virus kann die Darmbarriere durchbrechen, eine heftige Immunantwort sowie eine Vaskulitis im Körper auslösen und schließlich zu FIP führen.
Pathogenese
Der zentrale Mechanismus bei FIP besteht darin, dass FIPV vom Immunsystem erkannt wird und Immunkomplexe sich um Blutgefäße herum ablagern. Dies führt zu starken Entzündungsreaktionen und Exsudation (Austritt von Flüssigkeit), was sich in Form von Flüssigkeitsansammlungen im Bauch- oder Brustraum, Granulombildung an Organen sowie Augen- und ZNS-Beteiligung äußert.
Inzidenz und Mortalität
Laut einer Übersichtsarbeit von Prof. Pedersen (2009) im Journal of Feline Medicine and Surgery ist die Erkrankungsrate innerhalb FCoV-infizierter Katzenpopulationen gering, doch ohne Behandlung liegt die Sterblichkeitsrate bei nahezu 100 %.
Klinische Symptome
Die Symptome von FIP variieren je nach betroffenem Organsystem und Entzündungsgrad. Häufige klinische Anzeichen sind:
Anhaltendes Fieber (nicht ansprechend auf Antibiotika)
Lethargie, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust
Vergrößerter Bauchumfang (Aszites), Atemnot (Pleuraerguss)
Ikterus (Gelbsucht), Anämie
Augenprobleme: Uveitis, Irisverfärbung, Sehstörungen
Neurologische Symptome: Ataxie, Krampfanfälle, Lähmungen
FIP-Formen
FIP kann je nach Flüssigkeitsansammlung und Organbeteiligung in mehrere Typen unterteilt werden:
Feuchte FIP (Wet / Effusive FIP)
Gekennzeichnet durch Bauchwasser oder Brusterguss, meist zähflüssig, gelblich und proteinreich – die häufigste Form.
Trockene FIP (Dry / Non-effusive FIP)
Ohne Flüssigkeitsansammlung, mit granulomatösen Veränderungen an Leber, Nieren oder Lymphknoten. Auch Augen- und Nervensymptome möglich.
Neurologische FIP (Neurological FIP)
Verursacht Verhaltensänderungen, Koordinationsstörungen, epileptiforme Anfälle, Bewusstseinsstörungen.
Okuläre FIP (Ocular FIP)
Betroffen sind die Augenstrukturen, z. B. vordere Uveitis, Iridozyklitis, Retinitis.
Hinweis: Mehrere Formen können gleichzeitig auftreten.
Fortschritte in der Behandlung
Lange galt FIP als unheilbare Krankheit. Doch seit 2019 gibt es vielversprechende Studien zur antiviralen Substanz GS-441524, die Hoffnung für betroffene Katzen bringt.
Wirkmechanismus
GS-441524 ist ein Adenosin-Nukleosidanalogon, das die virale RNA-Polymerase hemmt und somit die Replikation des FIPV effektiv blockiert.
Studienergebnisse
Laut Prof. Pedersen und der University of California, Davis, liegt die Heilungsrate bei Anwendung von GS-441524 bei 80–85 %, insbesondere bei frühzeitiger Intervention.
Beispielpräparat: NeoFipronis®
NeoFipronis® (Wirkstoff: Pronidesivir) ist eine der weltweit ersten offiziell zugelassenen Tabletten auf Basis von GS-441524 zur oralen Verabreichung bei:
Feuchter und trockener FIP
Neurologischer und okulärer FIP (in höheren Dosierungen)
Empfohlene Dosierung:
Standard: 15 mg/kg Körpergewicht/Tag über 84 Tage
Neurologisch/Okulär: 20–30 mg/kg/Tag
Wichtige Verlaufskontrollen während der Behandlung: A/G-Quotient, Gesamtprotein, fsAA, Gewichtsentwicklung.
Prävention
Zwar gibt es bislang keinen flächendeckend wirksamen Impfstoff, doch folgende Maßnahmen senken das FIP-Risiko deutlich:
FCoV-Übertragung reduzieren: Regelmäßige Reinigung und Desinfektion der Katzentoiletten
Stress minimieren: Häufige Neuaufnahme von Katzen vermeiden
Bestandsmanagement: Dichtehaltung reduzieren, infizierte Katzen getrennt halten
Immunsystem stärken: Gute Ernährung, regelmäßige Entwurmung und Impfungen
Screening gefährdeter Gruppen (Zuchten, Tierheime): PCR oder Antikörpertests aus Kotproben
Laut der European Society of Feline Medicine (ESFM) wird die FIP-Impfung derzeit nicht routinemäßig empfohlen.
Fazit
FIP galt lange als Todesurteil für Katzen. Doch mit der Entwicklung von GS-441524-basierten Medikamenten wie NeoFipronis® ist eine Heilung heute realistisch. Frühe Diagnose, schnelles Handeln und standardisierte Therapie sind entscheidend für den Behandlungserfolg.
Bei Verdacht auf FIP sollte umgehend eine tierärztliche Abklärung erfolgen.