
Neurologische Form der felinen infektiösen Peritonitis (Neurologische FIP)
Die neurologische FIP ist eine schwerwiegende Verlaufsform der felinen infektiösen Peritonitis (FIP), bei der das zentrale Nervensystem (ZNS) betroffen ist. Die klinischen Symptome sind vielfältig und die Diagnose besonders herausfordernd.
Die feline infektiöse Peritonitis (FIP) ist eine tödlich verlaufende systemische Entzündungskrankheit, die durch eine Mutation des felinen Coronavirus (FCoV) zum FIP-Virus (FIPV) entsteht. Während die exsudative (feuchte) und nicht-exsudative (trockene) Formen am häufigsten auftreten, entwickeln etwa 5–10 % der Fälle eine neurologische FIP mit entzündlichen Läsionen in Gehirn und Rückenmark.
Pathogenese
Die neurologische FIP entsteht, wenn das mutierte FIP-Virus Endothelzellen der Blut-Hirn-Schranke sowie Makrophagen im zentralen Nervensystem infiziert. Dies führt zur Zerstörung der Blut-Hirn-Schranke und zu entzündlichen Veränderungen wie Meningitis, Ventrikulitis, Myelitis oder Neuronennekrose【Pedersen, 2009】.
Studien zeigen, dass virale RNA und Immunkomplexe im Liquor cerebrospinalis (CSF) sowie im Nervengewebe nachgewiesen werden können, was auf eine direkte Schädigung durch das Virus hinweist【Crawford et al., 2017】.
Klinische Symptome
Die neurologische FIP weist je nach betroffener Region (Hirnstamm, Kleinhirn, Rückenmark, Sehnerv usw.) stark variierende Symptome auf:
Motorische Störungen: Ataxie, wackeliger Gang, Paralyse der Hintergliedmaßen
Verhaltensveränderungen: Teilnahmslosigkeit, Bewusstseinsstörungen, Wesenswandel
Krampfanfälle: Muskelzittern, Zuckungen, plötzliches Umfallen
Nystagmus, Kopfschiefhaltung
Erblindung oder Sehstörungen
Steifer Nacken, Kopf tief gehalten
Koma im Endstadium
Die Krankheit schreitet meist schnell voran und endet bei schwerem Verlauf innerhalb weniger Wochen tödlich.
Diagnostische Hinweise
Spezifische Marker fehlen, doch folgende Befunde unterstützen die Diagnose:
Liquoruntersuchung (CSF):
Erhöhtes Protein (>200 mg/dL)
Leichte mononukleäre Pleozytose
Nachweis von FCoV-RNA (qPCR), Immunhistochemie, FCoV-Antikörper
MRT:
Erweiterte Ventrikel, meningeale Kontrastverstärkung, Entzündungsherde im Kleinhirn oder Hirnstamm
Blutuntersuchung:
Albumin-Globulin-Quotient (A:G) < 0,4
Gesamtprotein erhöht
Erhöhtes α1-Saures Glykoprotein (AGP)
Klinik:
Weitere FIP-typische Symptome wie Fieber, Inappetenz, Ikterus deuten unterstützend auf FIP hin
Laut ABCD-Richtlinien ist die Diagnose weiterhin auf klinische Erfahrung und kombinierte Parameter angewiesen【Addie et al., 2015】.
Therapie
Die Einführung von GS-441524-basierten antiviralen Wirkstoffen hat die Behandlung der neurologischen FIP revolutioniert. Bei ausreichender Dosierung und Therapiedauer ist eine Remission möglich.
Empfohlenes Medikament: NeoFipronis® (Wirkstoffname: Pronidesivir)
Dosierung: 20–30 mg/kg/Tag, über 84 Tage
Orale Tabletten verbessern die Compliance im Vergleich zu Injektionen
Zu überwachende Parameter während der Behandlung:
Entwicklung neurologischer Symptome (z. B. Gangbild, Krampffrequenz)
Körpergewicht, Appetit, Temperatur
Biochemie: A:G, AGP
Laut Studien besserten sich viele neurologische FIP-Katzen innerhalb weniger Wochen; Langzeitremission bis zu 70–80 % wurde erreicht【Dickinson et al., 2020】.
Wichtige Hinweise
Differenzialdiagnosen: andere ZNS-Erkrankungen wie FCoV-Enzephalitis, FeLV, Toxoplasmose, ZNS-Lymphome
Strikte tierärztliche Betreuung erforderlich – keine Selbstmedikation
Symptomatische Zusatztherapie: Schmerzmittel, Antikonvulsiva, Ernährung
Quellen
Pedersen NC. A review of feline infectious peritonitis virus infection: 1963–2008. J Feline Med Surg. 2009;11(4):225–258.
Crawford C, et al. Diagnosis and clinical characteristics of cats with neurological FIP. J Vet Intern Med. 2017;31(6):1470–1476.
Addie DD, et al. Feline infectious peritonitis: ABCD guidelines on prevention and management. J Feline Med Surg. 2015;17(7):570–582.
Dickinson PJ, et al. Antiviral treatment using GS-441524 in cats with neurological FIP. Vet J. 2020;263:105582.